29. März 2024

Großbaustelle Molkenmarkt

Die Großbaustelle am Molkenmarkt ist unübersehbar und belastend für alle Verkehrsteilnehmer. Der Bereich Molkenmarkt liegt wie das Klosterviertel im historischen Zentrum Berlins und gehört zu den ältesten Stadtteilen. Im Laufe der Jahre hat dieser Gründungsbereich des alten Berlins durch Kriegszerstörungen und autogerechten Stadtumbau seine Bedeutung als lebendiges Stadtquartier mit Aufenthaltsqualität weitgehend verloren. Als Kreuzungspunkt der Straßen Mühlendamm, Stralauer und Spandauer Straße war der Platzraum nur noch in Teilen mehr erkennbar.

Die Verlegung der Grunerstraße ist daher als wesentliche Voraussetzung für die Wiedergewinnung des Klosterviertels als urbanes Stadtquartier gedacht. Der breite Straßenzug wirkte bislang wie ein harter Einschnitt im Berliner Zentrum und trennte das Rote Rathaus, das Nikolaiviertel und die Rathaus-Passagen vom Bereich der Klosterstraße. Der Rückbau der überdimensionierten Verkehrsflächen soll jetzt Areale für neue, innerstädtische Bauflächen schaffen. Mit Wohnen, Gewerbe, Gastronomie sowie touristischen und kulturellen Einrichtungen ist ein attraktives Stadtquartier geplant, das als Ort der Stadtgründung Berlins wieder erlebbar ist.

Durch die Baumaßnahme werden die bisherigen Parkmöglichkeiten am Roten Rathaus entfallen. Im Bereich des Mühlendamms und im neuen Straßenabschnitt Molkenmarkt wird zwischen den Fahrtrichtungen eine Trasse für eine zukünftige Straßenbahnlinie vom Alexanderplatz zum Kulturforum freigehalten.

Das städtebauliche Konzept für das neue Quartier ist das Ergebnis eines langen Prozesses. Die Planungen begannen in den 1990er Jahren mit ersten Ideen zur Verlegung der Grunerstraße sowie zu einer Bebauung, die sich an der historischen Stadtstruktur orientiert. Die Verläufe der Kloster- und Jüdenstraße sowie die Herstellung der historischen Kontur des Großen Jüdenhofs und der westlichen Verlängerung der Parochialstraße geben Orientierung. Sie werden bis zum neuen Hauptstraßenzug verlängert.

Die Fläche vor dem alten Stadthaus wird später mit neuen Gebäuden bebaut.
Die Fläche vor dem alten Stadthaus wird später mit neuen Gebäuden bebaut.
Fotos: S.Steinberg/DSK – SenStadtWohn

2019 haben die ersten Bauarbeiten zum Rückbau der Grunerstraße begonnen. Sie wird verschwenkt und rückt bis 2022 näher an das Rote Rathaus heran. Die Fläche vor dem alten Stadthaus wird später mit neuen Gebäuden bebaut. Die Bebauung soll sich in die städtische Umgebung einfügen. Innerhalb der Blöcke wird durch leichte Höhenunterschiede ein möglichst abwechslungsreiches Profil angestrebt. Die historisch bedeutenden Gebäude wie das Alte Stadthaus und die Parochialkirche werden als Hochpunkte herausstechen. Im Baublock vor dem Alten Stadthaus sind aufgrund der Immissionsbelastung vorrangig gewerbliche Nutzungen vorgesehen. An der verlängerten Parochialstraße sollen gemischte, innenstadttypische Nutzungen entwickelt werden, während in einer gesonderten Zeile im Blockinnenbereich vornehmlich für Wohnzwecke nutzbare Stadthäuser entstehen sollen.

Eine digitale Bürger-Information diente im Sommer als Kick-Off für den offenen städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb im Rahmen der Planungsphase für das Quartier. Hier wurde deutlich, dass bei der zukünftigen Entwicklung des Gebiets auf eine städtebauliche Verzahnung mit der Umgebung geachtet werden soll.

Archäologische Funde

Im Jahr 2019 haben die archäologischen Großgrabungen am Molkenmarkt begonnen. Teams des Landesdenkmalamtes legten auf mehreren Tausend Quadratmetern die historischen Spuren frei. Die 800-jährige Geschichte der Stadt hat seine Reste bis in eine Tiefe von vier Metern im Boden hinterlassen. Ohne diese Ausgrabungen würde ein Großteil des historischen Nachlasses durch die geplanten Neubauten zerstört werden.

Historische Funde auf der Großbaustelle.
Historische Funde auf der Großbaustelle.
Fotos: S.Steinberg/DSK – SenStadtWohn

In den Hinterhöfen des Molkenmarktes konnten zahlreiche Überreste mittelalterlicher Bauwerke aufgedeckt werden. Dabei handelt es sich einerseits um hölzerne Keller, die bis in das 13./14. Jahrhundert zurückgehen. Die aus Holzbohlen bestehenden Wandkonstruktionen sind oftmals nur noch als braune Verfärbung erhalten. Über den aufgegebenen und verfüllten Kellern wurden jüngere Steinhäuser errichtet. Andererseits wurden im Mittelalter in den Hinterhöfen Abfallschächte errichtet, die ebenfalls aus Holz konstruiert waren. Aus ihnen konnten zahlreiche Alltagsgegenstände geborgen werden, die den Alltag der mittelalterlichen Bewohner Berlins anschaulich machen.

Da die Untersuchungen fast ein Fünftel der mittelalterlichen Stadtfläche Berlins erfassen, werden die Grabungen noch mehrere Jahre andauern. Mitunter werden sie parallel zum Straßenbau und zum Hochbau durchgeführt. Einige Bereiche wie die Fläche an der ehemaligen Gustav-Böß-Straße, auf der die Reste von 1889 bis 1948 betriebener Elektrizitätswerke ausgegraben wurden, sind bereits abgeschlossen. Große Bereiche künftiger Hochbauflächen sind wegen des heutigen Straßenverlaufs noch nicht zugänglich. Sie werden erst nach Fertigstellung der neuen Grunerstraße, wahrscheinlich Ende des Jahres 2022, untersucht werden können.

Verkehrseinschränkungen
Der Verkehr auf der Großbaustelle ist stark eingeschränkt.
Der Verkehr ist stark eingeschränkt.
Foto: MITTE bitte!

Im September hat eine neue, einjährige Bauphase beim Umbau an der Großbaustelle Molkenmarkt begonnen. Fahrbahnen und Nebenanlagen der südlichen Seite des Mühlendamms und des Molkenmarktes werden neu gebaut. Die Stralauer Straße wird deshalb für etwa ein Jahr im Abschnitt zwischen Grunerstraße und Jüdenstraße –  zwischen Altem Stadthaus und dem Eingang zur Alten Münze – komplett für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Fußgänger und Radfahrer können den Bereich weiterhin nutzen, generell wird aber empfohlen, das Gebiet weiträumig zu umfahren.