Ein fast vergessener Tunnel rückt zurück in den Fokus: Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen den sogenannten Waisentunnel umfassend erneuern. Die Bauarbeiten sollen nach aktueller Planung Ende 2025 starten – vorausgesetzt, die planrechtliche Genehmigung liegt bis dahin vor. Der Tunnel gilt als unverzichtbare Verbindung innerhalb des Berliner U-Bahnnetzes, obwohl bislang kein einziger Fahrgastzug ihn je genutzt hat.
Schlüsselrolle im U-Bahnnetz
Der Waisentunnel verknüpft den Alexanderplatz mit dem U-Bahnhof Heinrich-Heine-Straße. Damit verbindet er die Linie U5 mit der Linie U8 – und ist somit die einzige direkte Verbindung zwischen dem östlichen und westlichen Netz der Berliner U-Bahn. Seit rund sieben Jahren ist der Tunnel aus Sicherheitsgründen gesperrt. Durch die Wiederherstellung will die BVG die betriebliche Flexibilität deutlich erhöhen: Züge könnten künftig wieder direkt zwischen den Linien verkehren oder in Werkstätten im gesamten Netz gewartet werden. Derzeit ist etwa die Betriebswerkstatt in Friedrichsfelde von anderen Teilen des U-Bahnnetzes isoliert – betroffene Fahrzeuge müssen per Tieflader durch die Stadt transportiert werden.
Bau unter fließendem Wasser
Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Bauabschnitt unter der Spree. Hier müssen die Ingenieurteams eine komplexe Balance schaffen: Einerseits soll der bestehende Tunnel zurückgebaut und ersetzt werden, andererseits muss der Schiffsverkehr auf der Spree weiterlaufen. Die Bauweise ist entsprechend aufwendig: Zunächst wird der Abschnitt durch Stahlbetonschotten wasserfest abgetrennt. Danach erfolgt der Rückbau. In zwei Phasen wird die neue Tunnelröhre dann errichtet – zunächst auf der südlichen, anschließend auf der nördlichen Spreeseite. Die Baugrube wird jeweils ausgepumpt, um unter trockenen Bedingungen arbeiten zu können.
Strategischer Meilenstein für den Betrieb
Für Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender der BVG, hat das Projekt hohe Priorität: „Nachdem letzte offene Fragen geklärt sind, bin ich zuversichtlich, dass wir den Waisentunnel zeitnah neu bauen dürfen. Das ist nicht nur ein infrastruktureller Fortschritt, sondern vor allem eine gute Nachricht für unsere Fahrgäste. Nur wenn alle Werkstätten optimal ausgelastet sind, können wir eine stabile Fahrzeugflotte täglich auf die Schiene bringen.“
Mit dem Wiederaufbau des Waisentunnels schafft die BVG nicht nur eine neue Verbindung im Untergrund – sie legt auch die Grundlage für einen zukunftssicheren, stabilen Betrieb des gesamten U-Bahnnetzes.
In dieser Bauweise soll der Tunnel unter der Spree neu gebaut werden.
Visualisierung: BVG Projekt GmbH