14. Mai 2025
Christoph Schlingensief am Times Square / Christoph Schlingensief on Times Square, Filmstill aus Deutschland versenken, 9. November 1999 / Film still from Deutschland versenken, 9 November 1999, Courtesy Filmgalerie 451, Nachlass/Estate Christoph Schlingensief, Berlin

Schlingensief in der Neuen Nationalgalerie

Die Neue Nationalgalerie zeigt ab dem 2. Mai 2025 eine besondere Rauminstallation des Künstlers Christoph Schlingensief. Das Werk mit dem Titel „Deutschland ’99“ wird Teil der Dauerausstellung „Zerreißprobe. Kunst zwischen Politik und Gesellschaft. Sammlung der Nationalgalerie 1945–2000“ und ist eine Schenkung an die Sammlung der Nationalgalerie.

Ein Raum für Schlingensief

Der Künstler Christoph Schlingensief (1960–2010) war ein prägender Kopf der deutschen Kunstszene – als Filmemacher, Theater- und Opernregisseur sowie als Professor für Bildende Kunst. Ihm wird nun ein eigener Raum in der Neuen Nationalgalerie gewidmet. Im Mittelpunkt steht sein Werk „Deutschland Versenken“ aus dem Jahr 1999, das zur Projektreihe „Deutschland ’99“ gehört. Möglich wurde die dauerhafte Präsentation durch die großzügige Schenkung von Aino Laberenz, die den Nachlass des Künstlers verwaltet.

Ein eindrucksvolles Zeichen

Im Jahr 1999 führte Schlingensief auf Einladung des MoMA PS1 in New York eine Performance vor der Freiheitsstatue durch. Am symbolischen Datum des 9. November – in Erinnerung an die Pogromnacht 1938 und den Mauerfall 1989 – kniete er nieder und warf eine Urne mit der symbolischen „Asche Deutschlands“ sowie einen Koffer mit 99 deutschen Alltagsgegenständen in den Hudson River. Diese „Aktion“ war sein künstlerisches Statement zur deutschen Geschichte und zur Jahrtausendwende.

Schlingensiefs Werk

Schlingensiefs Arbeiten bewegen sich zwischen Film, Theater, Oper, Fernsehen und bildender Kunst. Bekannt wurde er durch seine provozierenden, oft politisch aufgeladenen Performances. Themen wie Nationalismus, Identität, Ausgrenzung und die dunklen Kapitel deutscher Geschichte zogen sich durch sein gesamtes Werk. Dabei stellte er immer wieder gesellschaftliche Konventionen in Frage und setzte sich auch in seinen Schriften intensiv mit Tod, Krankheit, Religion und Moral auseinander.

„Deutschland Versenken“ – das Werk

Das zentrale Video der Installation dauert 1 Minute und 28 Sekunden und wurde ursprünglich auf 35mm-Film aufgenommen. Es zeigt Schlingensief mit einem Schild in New York – vor dem Metropolitan Museum, am Times Square und vor dem Goethe-Institut. Ergänzt wird das Video durch weitere Filmaufnahmen, Interviews (unter anderem mit Alexander Kluge), sowie Kolumnen aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in denen Schlingensief über seine „Deutschlandsuche“ berichtete.

Das Projekt „Deutschland ’99“ bestand ursprünglich aus drei Teilen. Die ersten beiden führten ihn auf eine Theatertour durch Städte in Deutschland. Inspiriert von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ suchte Schlingensief in diesen Performances nach einem neuen Helden für das vereinte, globalisierte Deutschland. Den Abschluss fand das Projekt schließlich in der namibischen Wüste, wo er symbolisch die Überreste deutscher Kolonialgeschichte mit Wagnermusik beschallte – ein starkes künstlerisches Statement.

Die Ausstellung

Die Präsentation „Christoph Schlingensief. Deutschland ’99“ wurde in Zusammenarbeit mit Aino Laberenz, dem Nachlass Christoph Schlingensief, und dem Filmarchiv 451 (Frieder Schlaich) realisiert. Kuratiert wird sie von Klaus Biesenbach, Direktor der Neuen Nationalgalerie.

Die übergeordnete Ausstellung „Zerreißprobe. Kunst zwischen Politik und Gesellschaft. Sammlung der Nationalgalerie 1945–2000“ wurde von Joachim Jäger (stellv. Direktor), Maike Steinkamp (Wissenschaftlerin der Nationalgalerie) und Marta Smolińska (Kunsthistorikerin aus Poznań) kuratiert.

Eröffnung

Die Eröffnung der neuen Präsentation „Christoph Schlingensief. Deutschland ’99“ findet am Freitag, den 2. Mai 2025 im Rahmen des Gallery Weekend statt. Um 11 Uhr gibt es ein Gespräch mit Klaus Biesenbach und Matthias Lilienthal über das Werk und den Künstler.

Christoph Schlingensief am Times Square, Filmstill aus Deutschland versenken, 9. November 1999,
Courtesy Filmgalerie 451, Nachlass/Estate Christoph Schlingensief, Berlin