Unsere Hauptstadt verbirgt so manches Geheimnis, das sich nicht auf den ersten Blick zu erkennen gibt. Unser Historien-Autor Harald Neckelmann führt uns durch die geheimnisvolle und manchmal auch kuriose Berliner Geschichte. Heute: Die Soldatenkammer unterhalb der Quadriga.
Die unsichtbare Soldatenkammer
Auf dem Brandenburger Tor gibt es einen großen Saal und einige weitere Räume. Sie sind von unten nicht sichtbar: Über den Säulen, in der Attika des Tores und unterhalb der Quadriga liegt die sogenannte Soldatenkammer.
Durch eine Dachluke gelangt man auf das Dach des Torhauses. Von dort führt eine schmale, steile Steintreppe zu einer seitlichen Stahltür über dem Hauptgesims. Dahinter liegt der verborgene Saal. Er hat keine Fenster und ist rund 250 Quadratmeter groß, die Deckengewölbe erheben sich fünf Meter hoch. Der Saal der Soldatenkammer ist weiß getüncht und hat einen Holzfußboden.
Napoleons Truppen sollen 1806 Gefangene dort eingesperrt und gefoltert haben. Im Januar 1919 kämpften hier Revolutionäre des Spartakusaufstands. 1945 verschanzten sich hier die letzten Einheiten der Wehrmacht. Zu DDR-Zeiten diente die Soldatenkammer der Grenzpolizei als Beobachtungsposten. 1986 hielt die elektronische Überwachung Einzug. Lange Zeit lagerten hier auch Abdrücke der Außenreliefs des Bildhauers Johann Gottfried Schadow.
Zu Silvester 1989 stiegen zahlreiche Feiernde auf das Tor hinauf. Die Soldatenkammer war danach vollkommen verdreckt, die Elektrokabel herausgerissen und die Videokameras zerstört. Heute ist der Saal leer. Bei der Sanierung des Brandenburger Tores wurde ein neuer Zuganker installiert. Er verbessert die Statik des Tores und wird bei Bedarf nachgespannt. Der Senat – so heißt es – würde den Saal gern für gesellschaftliche Ereignisse vermarkten. Aber es gibt nur einen Zugang und es fehlt an den vorgeschriebenen Fluchtwegen.
Natürlich gibt es Ausnahmen, um zum Beispiel Freunde an diesem prominenten Ort zu einem kleinen Sektempfang zu bitten. Eine Ausnahme bildete zum Beispiel der Stadtrat und spätere Kultursenator Thomas Flierl: Unter der Quadriga ließ er die Zügel locker und gab hier seinen Abschied als Baustadtrat von Mitte.