19. März 2024
Stadtmitte bedeutet nicht das Zentrum Berlins. Foto: Marcel Maschke/pixelio

Berliner Geheimnisse: Die Mitte Berlins

Unsere Hauptstadt verbirgt so manches Geheimnis, das sich nicht auf den ersten Blick zu erkennen gibt. Unser Historien-Autor Harald Neckelmann führt uns durch die geheimnisvolle und manchmal auch kuriose Berliner Geschichte. Dazu gehört neben dem unterirdischen Lindentunnel und der Soldatenkammer auch der Ort, der die Mitte Berlins markiert. MITTE bitte! unterwegs auf Spurensuche.

Die Mitte Berlins

Wo ist Berlins Zentrum? Vielleicht ist es der U-Bahnhof Stadtmitte, wo sich die Linien U2 und U6 kreuzen. Anfangs existierten an diesem Ort zwei verschiedene U-Bahnstationen. Der 160 Meter lange sogenannte „Mäusetunnel“ verband sie miteinander. Das ist ziemlich unkonkret für den Mittelpunkt einer Stadt.

Manche sehen im früheren Stadtschloss, das wiederaufgebaut wurde, den Mittelpunkt Berlins. Andere nennen den Potsdamer Platz. Die politische Mitte der Stadt ist in jedem Fall das Rote Rathaus. Genauer gesagt: Der Fahnenmast obenauf. So sieht es das Statistische Landesamt. Nicht weit vom Rathaus entfernt, an der Leipziger Ecke Jerusalemer Straße, steht im Dönhoffpark ein Obelisk. Der preußische Meilenstein von 1730 diente lange Zeit dazu, die Entfernungen zu anderen Orten zu berechnen. Die Kartografen heute kommen zu einem anderen Ergebnis, eine Stelle weiter östlich. Für sie gilt der Spittelmarkt an der Kreuzung Seydelstraße als der entscheidende Punkt. Dieser Punkt ist es aber auch nicht. Wer aber von außerhalb Berlins in die Stadt hineinfährt und die Kilometerangaben am Autobahnrand liest, nimmt nicht Bezug auf diese Kreuzung. Die Zahlen nennen nur ungefähr die Streckenlänge zum Stadtzentrum.

Berlin hat Schlagseite
Die geografische Mitte Berlins zeigt dieser Stein in Kreuzberg an.
Die geografische Mitte Berlins zeigt dieser Stein in Kreuzberg an.

Feststellen lässt sich der Mittelpunkt Berlins durch seinen flächenmäßigen Schwerpunkt, durch Gleichgewicht. Dazu schneidet man Berlin aus einem Stadtplan aus und klebt die Fläche auf einen Karton. So lässt sich mit einer Nadel der Schwerpunkt von Berlin ermitteln. Der Karton wird austariert, bis Berlin waagerecht auf der Nadelspitze liegt. Wer etwa nur Berlin-Mitte ausschneidet, stellt schnell fest: Mit den weniger „mittigen“ Ortsteilen Tiergarten und Wedding hat der Bezirk heute ganz schön Schlagseite. Für Berlin liegt die geografische Mitte aber ganz woanders: In Kreuzberg, an der Alexandrinenstraße 12-14, an einem ganz unscheinbaren Ort. Eine schwere Granitplatte markiert neben einer Grünanlage und einem Sportplatz den exakten „Flächenschwerpunkt in den Grenzen von 1996“: 52° 30′ 10“ nördliche Breite und 13° 24′ 15″ östliche Länge. Rund 3.750 Grenzpunkte waren dazu erforderlich, um diesen Ort zu bestimmen.

Harald Neckelmann

Journalist und Autor Harald Neckelmann lebt und arbeitet als Sachbuchautor, Dozent und Stadtführer in Berlin. Er hat bereits mehrere Bücher zur Geschichte und Gegenwart der Stadt veröffentlicht (u. a. das Adressbuch Hannah Höch und zuletzt „Die Geschichte von Lili Elbe“).